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Eine winzige Blutprobe - nicht einmal so groß wie ein Teelöffel - reicht aus, um vorherzusagen, ob ein Neugeborenes eine Sepsis entwickeln wird.  © Charité | Beate Kampmann

Neues Instrument zur Vorhersage einer Sepsis bei Neugeborenen

29.10.2024

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Entwicklung eines Sepsis-Markers könnte frühzeitige Behandlung ermöglichen

Eine genetische Signatur bei Neugeborenen kann eine Sepsis vorhersagen, noch bevor Symptome auftreten – so das Ergebnis einer Studie eines internationalen Teams unter maßgeblicher Beteiligung des Instituts für Internationale Gesundheit an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Diese Entdeckung könnte dazu beitragen, schwerkranke Neugeborene früher zu erkennen und eine lebensrettende Behandlung einzuleiten. Davon würden vor allem Kinder in Ländern mit schlechter Gesundheitsversorgung profitieren, in denen eine Neugeborenen-Sepsis relativ häufig vorkommt. Die Studie wurde jetzt in der Fachzeitschrift eBiomedicine* veröffentlicht.

Die neonatale Sepsis, umgangssprachlich auch Neugeborenen-Blutvergiftung genannt, ist eine lebensbedrohliche Reaktion des Körpers auf eine schwere Infektion, die innerhalb der ersten 28 Lebenstage auftritt. Weltweit sind rund 1,3 Millionen Neugeborene davon betroffen. Etwa 200.000 Babys sterben jedes Jahr an einer Neugeborenen-Sepsis, die meisten davon in Ländern mit mittlerem und niedrigem Einkommen. In Afrika liegt die Sterblichkeitsrate bei bis zu 15 Prozent. In Deutschland ist das Risiko einer neonatalen Sepsis mit etwa einer von 200 Lebendgeburten relativ gering, bei Frühgeborenen jedoch erhöht.

Zuverlässige Tests könnten Leben retten

Die Diagnose einer Sepsis stellt Medizinisches Personal und Angehörige vor Herausforderungen: Die Symptome ähneln denen anderer Krankheiten – und die Tests, mit denen sich feststellen lässt, ob es sich tatsächlich um eine Sepsis handelt, können mehrere Tage dauern, sind nicht immer genau und meist nur in Krankenhäusern verfügbar. Das kann eine dringende Behandlung mit Antibiotika verzögern.

Ein Screening von Neugeborenen auf die jetzt neu entdeckte genetische Signatur könnte eine Sepsis viel schneller vorhersagen – möglicherweise noch bevor die Kinder schwere Symptome entwickeln. Außerdem ist die Vorhersage relativ genau: Sie liegt in neun von zehn Fällen richtig. „Marker, die es uns ermöglichen, besonders gefährdete Säuglinge zu erkennen, wären ein enormer Vorteil, da wir diese Säuglinge dann gezielt überwachen und sofort behandeln könnten“, sagt Prof. Beate Kampmann, Direktorin des Instituts für Internationale Gesundheit, die den klinischen Teil der Studie in Gambia leitete. „Wir müssen deshalb jetzt in weiteren Studien prüfen, ob diese vielversprechende Signatur auch in anderen Bevölkerungsgruppen eine Sepsis vorhersagen kann.“

Prospektive Studie mit Neugeborenen in Gambia

Die Forschenden entwickelten die Idee, neue Marker für eine Neugeborenen-Sepsis zu finden, im Rahmen einer großen prospektiven Studie in Gambia, bei der ursprünglich die Entwicklung des Immunsystems von Neugeborenen untersucht werden sollte. Hier wurden 720 Säuglingen bei der Geburt Blutproben entnommen. Von diesen Babys entwickelten 15 Säuglinge innerhalb eines Monats nach der Geburt eine früh einsetzende Sepsis. Dies ist nicht ungewöhnlich und stand in keinem Zusammenhang mit den Studienmethoden.

Die Wissenschaftler:innen fragten sich daher, ob die bei der Geburt entnommene Blutprobe bereits vorhersagen könnte, welche Babys eine Sepsis entwickeln würden, auch wenn keines von ihnen bei der Geburt Symptome zeigte. Deshalb werteten sie die Expression von Genen, die bei der Geburt aktiv sind, mithilfe von maschinellem Lernen aus, um nach biologischen Markern zu suchen, die eine Sepsis vorhersagen. Dabei fanden sie vier Gene, die – wenn sie in einer Expressionssignatur kombiniert werden – in neun von zehn Fällen eine Sepsis bei Neugeborenen genau vorhersagen können.

Einzigartige Rahmenbedingungen machten Entdeckung möglich

Die Entdeckung der Gensignatur wurde auch durch die einzigartigen Rahmenbedingungen ermöglicht: Es standen von allen Babys Blutproben vom Tag ihrer Geburt zur Verfügung. Da einige der Kinder ein paar Tage später an Sepsis erkrankten, konnten die Forschenden die Gene untersuchen, die bei den Sepsis-Babys aktiv waren, noch bevor sie erkrankten. In bisherigen Studien waren meist nur Marker untersucht worden, die vorhanden waren, als die Babys bereits erkrankt waren. Predictive gene expression signature diagnoses neonatal sepsis before clinical presentation.

Die Forschenden hoffen, dass die Signatur eines Tages nicht nur in PCR-Tests in Krankenhäusern, sondern auch in tragbare Geräte für die Gesundheitsversorgung integriert werden kann. Damit könnte man dieses Screening-Instrument für Menschen auf der ganzen Welt zugänglich zu machen. Zunächst muss jedoch eine große prospektive Studie zeigen, ob die Signatur bei der Vorhersage von Sepsis in anderen Bevölkerungsgruppen erfolgreich ist.

*An AY et al. Predictive gene expression signature diagnoses neonatal sepsis before clinical presentation. eBioMedicine 2024, October 28, doi: 10.1016/j.ebiom.2024.105411

Kontakt:

Prof. Beate Kampmann
Direktorin des Instituts für Internationale Gesundheit
Wissenschaftliche Leitung Charité Centre for Global Health
Charité - Universitätsmedizin Berlin

Weitere Informationen:

 

Bild: Eine winzige Blutprobe - nicht einmal so groß wie ein Teelöffel - reicht aus, um vorherzusagen, ob ein Neugeborenes eine Sepsis entwickeln wird.  © Charité | Beate Kampmann