
Präzise Bilder aus dem Herzen
Prof. Dr. Jeanette Schulz-Menger ist Kardiologin und hat sich auf kardiovaskuläre Magnetresonanztomografie spezialisiert. Ihre Arbeitsgruppe „Kardiale MRT“ forscht am Experimental and Clinical Research Center (ECRC) von Charité und MDC.
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Frau Professor Schulz-Menger, was ist ihr genauer Forschungsgegenstand?
Wir erforschen, wie man Magnetresonanztomographie nutzen kann, um myokardiale Gewebeschäden, also Schäden der Herzmuskulatur abzubilden und deren Ursachen genauer zu verstehen. Die kardiovaskuläre Magnetresonanztomographie (Kardio-MRT) entwickelt sich zunehmend zur Schlüsseltechnologie. Sie ist die einzige Form der Bildgebung, die erlaubt, die Herzmuskulatur nicht-invasiv, ohne Röntgenstrahlen oder radioaktive Substanzen zu untersuchen und krankhafte Veränderungen bereits in einem frühen Stadium zu diagnostizieren. Nach wie vor ist die In-vivo-Bewertung von Veränderungen des Herzmuskelgewebes jedoch eine große Herausforderung in der kardiovaskulären Forschung und in der klinischen Kardiologie. Unser Ziel ist es, die Krankheitsmechanismen zu verstehen und die diagnostischen Möglichkeiten so zu verfeinern, dass sich das Risiko der Patienten genauer vorhersagen lässt. Wir wollen mittels Kardio-MRT eine verlässliche Grundlage für die Therapieentscheidung schaffen. Zudem soll Kardio-MRT die Steuerbarkeit der Therapien verbessern.
Sie sind Forscherin und Medizinerin. Wie ist diese Verbindung von Forschung und Klinik entstanden?
Ich habe viele Jahre als Oberärztin gearbeitet und forsche seit 1996 in der Arbeitsgruppe Kardiale MRT, die damals an der Bucher Franz-Volhard-Klinik entstanden ist. Diese Arbeitsgruppe, der Wissenschaftler, Ärzte, Doktoranden, technische Angestellte und Studienschwestern angehören, leite ich seit 2004. Im Jahr 2008 wurde ich auf die HELIOS Stiftungsprofessur für Kardiovaskuläre Magnetresonanztomographie an der Charité berufen. Die Professur ermöglichte, in enger Kooperation mit dem Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin einen klinisch orientierten MRT Forschungsansatz zu etablieren.
Welchen Stellenwert nehmen die beiden Bereiche ein?
Mir ist wichtig, beides zu sein, Forscherin und Medizinerin. Medizinisch orientierte Forscher brauchen den direkten Kontakt zur Klinik. Im klinischen Alltag erkennt man, welche Probleme es bei der Erstellung von Befunden und der Behandlung von Patienten gibt, zum Beispiel bei der frühzeitigen Erkennung von Herzmuskelschäden. Umgekehrt ist es wichtig, mit Hilfe der klinischen Forschung Lösungen zu finden, die schnell in die klinische Praxis übernommen werden können. In vielen Forschungsprojekten entwickeln wir zunächst grundlegende technische Lösungen und führen experimentelle Untersuchungen am Phantommodell durch, um die Basis für krankheitsbezogene Studien zu schaffen.
Welche Erfolge konnten Sie bisher erzielen?

Unsere Arbeitsgruppe Kardiale MRT hat seit ihrer Gründung 1996 eine internationale Vorreiterrolle beim Einsatz der MRT zur Differenzierung von Myokardschäden, insbesondere bei der nichtkoronaren Herzkrankheit übernommen. Wir haben mehrere neue Ansätze zur qualitativen und quantitativen Charakterisierung von entzündlichen und nichtentzündlichen Myokardschäden entwickelt, die mittlerweile Eingang in internationale Richtliniengefunden haben. Durch unsere Beteiligung an der Berlin Ultrahigh Field Facility (B.U.F.F.), einer Einrichtung des ECRC, konnten wir unsere experimentelle Forschung bedeutend ausweiten. Dank der engen Kooperation mit der Forschungsgruppe der B.U.F.F., die Prof. Thoralf Niendorf leitet, ist es in kürzester Zeit gelungen, die technischen Voraussetzungen für die kardiale MRT am 7-Tesla-System zu schaffen. Wir gehören heute zu den fünf Zentren weltweit, die in der Lage sind, das schlagende Herz mit 7 Tesla abzubilden. Während der letzten drei Jahre haben wir im ECRC Strukturen aufgebaut, die eine systematische innovative Auswertung von Kardio-MRT gestatten. Sowohl in der Nachverarbeitung als auch bei der Entwicklung der Techniken arbeiten wir mit Zentren in aller Welt zusammen. Wir sind bereits in der Lage, strukturelle Veränderungen des Herzmuskelgewebes mit Hilfe des parametrischen Mappings, einer genauen Quantifizierungsmethode, zu messen und das extrazelluläre Volumen zu bewerten. Natürlich beteiligen wir uns auch an einer Reihe internationaler multizentrischer Studien, die unterschiedliche Krankheitsbilder beleuchten. Zu unserer besonderen Freude werden wir an einer multizentrischen Studie teilnehmen, die durch das National Institute of Health gefördert wird und sich der genauen Risikoabschätzung bei der Hypertrophen Kardiomyopathie widmet. Hier schließt sich ein Kreis, da wir weltweit zu den ersten gehörten, die sich mit der Gewebecharakterisierung bei dieser Erkrankung befasst haben.
Mit welchen MRT-Geräten arbeiten Sie derzeit?
Wir nutzen hauptsächlich ein 1,5- und ein 3-Tesla-Gerät, die höchsten Ansprüchen genügen. Gegenwärtig führen wir klinische Studien zu Herzklappen- und Herzmuskelerkrankungen durch und freuen uns, dass bereits ein Teil der so gewonnenen Aussagen Eingang in die klinische Arbeit gefunden hat. Eine einzigartige Möglichkeit stellt das 7-Tesla-Gerät der B.U.F.F. dar. MRT-Scanner dieser Feldstärke zeigen geradezu mikroskopische Gewebeaufnahmen, sind aber von den Herstellern noch nicht für die klinische Routine zertifiziert worden. Bisher dienen sie ausschließlich der experimentellen Forschung, und wir sind dabei, die Chancen für die kardiovaskuläre Forschung auszuloten.
Bedeuten mehr Tesla eine bessere Bildgebung?
Mehr Tesla bedeuten nicht automatisch eine bessere Bildgebung, sondern gehen mit einer Reihe von theoretischen und praktischen Schwierigkeiten einher. Es wird zum Beispiel technische Vergleichsarbeit notwendig: Was ist besser am 1,5-Tesla-, was ist besser am 3-Tesla-Gerät? Insgesamt sollte man bedenken, dass eine höhere Auflösung nicht immer sofort „besser“ bedeutet, sondern besser ist, wenn die Anwendung wirklich in ein therapeutisches Konzept übersetzt werden kann. Oder eine präzisere Aussage zum Risikoverlauf zulässt. Diese Fragen diskutieren wir derzeit in internationalen Kardio-MRT-Gremien. Fest steht, dass die Möglichkeiten des 1,5-Tesla-Geräts bei weitem noch nicht ausgeschöpft sind.
Woher kommen die Mittel für Ihre Forschung?
Die Forschung finanziert sich anteilig aus Bundes-, Stiftungs- und Industriemitteln. Als Forschungsgruppe der Charité nehmen wir an der leistungsorientierten Mittelvergabe der Charité teil. Außerdem haben wir erfolgreich Mittel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Deutschen Stiftung für Herzforschung, des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislaufforschung, der Deutschen Kardiologischen Gesellschaft, der Else-Kröner-Fresenius-Stiftung und der HELIOS Forschungsförderung des HELIOS Research Centers eingeworben.
Wie können Patienten von der Kardiologischen Hochschulambulanz des ECRC profitieren?
In unsere Hochschulambulanz werden Patienten überwiesen, die besonders spezialisierte Beratung und Diagnostik benötigen. Anders als unsere niedergelassenen Kollegen bieten wir keine kassenärztliche Versorgung, sondern verstehen uns als Ansprechpartner für bestimmte Herzmuskel und Herzklappenerkrankungen, die eng mit unseren Forschungsthemen vergesellschaftet sind. Dadurch ergibt sich nahezu automatisch, dass wir uns mit hohem Detailwissen einbringen können. Bei der Beratung und Diagnostik arbeiten wir eng mit den anderen Hochschulambulanzen am Standort zusammen. Im Rahmen der Forschung verfügen wir über exzellente Untersuchungsmöglichkeiten und können uns deutlich mehr Zeit nehmen, als dies in der klinischen Routine möglich ist.
Interview: Christine Minkewitz/ BBB Management GmbH Campus Berlin-Buch