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Hand, die mit gelbem Highlighter eine Publikation markiert. Daneben ein Charité-Kaffeebecher.

Forschende berichten: Neue Erkenntnisse zu den mechanischen Eigenschaften von Tumoren

10.08.2023

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Gewebeveränderungen liefern Hinweise zur Aggressivität von Tumoren

Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der Universität Leipzig haben neue Erkenntnisse dazu gewonnen, wie sich gutartige und bösartige Tumoren in ihren mechanischen Eigenschaften unterscheiden. Hier beantworten sie Fragen zu ihren Forschungsergebnissen.

Welche wissenschaftliche Fragestellung liegt Ihrer Studie zugrunde?

Tumor-Aufnahmen per Tomoelastografie
Die Tomoelastografie kann sowohl die Steifheit (Mitte) als auch die Fließfähigkeit (unten) von Leberzellkrebs darstellen. Der Tumor (Pfeil) ist oben als klassische MRT-Aufnahme sichtbar. © Charité | Frank Sauer

Seit jeher nutzen Ärztinnen und Ärzte den Tastsinn zur Einschätzung krankhafter Gewebsveränderungen unter der Haut. Zum Beispiel sind Tumoren oft als harte Knötchen spürbar. Diese mechanischen Veränderungen können wir mittels einer neuen bildgebenden Methode nichtinvasiv und punktgenau kartieren. Dieses innovative Verfahren, die Tomoelastografie, haben wir an der Charité auf Basis der Magnetresonanztomografie (MRT) entwickelt. In unserer neuen Studie nutzten wir die Tomoelastografie, um erstmalig neben der Steifigkeit auch die mechanischen Fließeigenschaften von Tumoren im lebenden Organismus zu bestimmen.

Wie sind Sie vorgegangen?

Mit der Tomoelastografie haben wir in mehreren Studien die Steifigkeit und Fließfähigkeit des Krebsgewebes in Patientinnen und Patienten mit Tumoren in unterschiedlichen Organen bestimmt. Anschließend analysierten wir, ob sich die mechanischen Muster zur Unterscheidung von gutartigen und bösartigen Geschwüren eignen. Dabei haben wir die mechanischen Eigenschaften einzelner Tumorzellen mit den vermessenen Tumoren verglichen.  

Was haben Sie herausgefunden?

Tatsächlich zeigten sich erstaunlich konsistente Muster – unabhängig von der Krebsart: Die mechanischen Eigenschaften der Gewebe unterscheiden sich deutlich zwischen aggressiven und klinisch unauffälligen Tumoren. Aggressive Tumoren weisen häufig wesentlich steifere Eigenschaften auf, wobei die Fließfähigkeit gleichzeitig erhöht ist. Diese Muster können nun mittels Tomoelastografie in einen radiologischen Atlas zur bildgestützten Einschätzung und Klassifikation von Tumoren übersetzt werden.

Was hat Sie überrascht?

Dass aggressive Tumore sowohl besonders steif als auch besonders flüssig sind, ist auf den ersten Blick nicht intuitiv. Das liegt daran, dass das Tumorgewebe sehr heterogen ist. Das heißt, trotz einer insgesamt steiferen Gerüststruktur können Zellen aneinander vorbeifließen. Und die Beweglichkeit von Tumorzellen ist eine Voraussetzung für die Bildung von Metastasen. 

Welches Fazit können Sie ziehen?

Die Berücksichtigung der biophysikalischen und mechanischen Eigenschaften weicher Gewebe könnte die Diagnostik von Tumoren, auch schon in sehr frühen Stadien, entscheidend verbessern. Die Tomoelastografie ließe sich im klinischen Prozedere einfach implementieren, ist schonend für die Betroffenen und erschwinglich. Bevor das Verfahren jedoch für die Diagnostik genutzt werden kann, sind weitere Studien nötig. 

Quelle

Sauer F et al. Changes in Tissue Fluidity Predict Tumor Aggressiveness In Vivo. Adv Sci (Weinh) 2023 Aug 08. doi: 10.1002/advs.202303523